Das erste Mal Mama – ein ehrliches Fazit nach 1,5 Jahren

Wie ist es wirklich, das erste Mal Mutter zu sein? Ein ehrlicher Erfahrungsbericht nach 1,5 Jahren: Von Schlafenzug-Folter, Eltern-Verschwörung und dem Alltag als Mutter.

Normalerweise bin ich ein Mensch, der immer pünktlich ist. Meistens bin ich sogar der Depp, der viel zu früh zur Verabredung erscheint und dann wie ein Idiot auf Menschen wartet, die dann auch noch zu spät kommen.

Das ist jetzt anders. Jetzt bin ich das erste Mal Mama. Und ich hatte es mir anders vorgestellt.

Warum ich ein Jahr zu spät dran bin

Ich bin viel zu spät mit dem Start dieses Blogs dran. Denn die Idee hatte ich bereits vor über 1 Jahr. Dass es tatsächlich so lange gedauert hat, liegt vor allem am Schlafmangel. Und den täglichen Pflichten. Und meiner Arbeit.

Mein Gott – ich hatte ja sowas von keine Ahnung, was für eine Menge Arbeit es ist, Mama zu sein (und dann auch noch ein Unternehmen am Laufen zu halten).

Es ist der anstrengendste Job, den ich je hatte. Nur ohne Feierabend, Wochenende, Urlaub oder Krankheitstage. Und unbezahlt. Oder gesetzlich vorgeschriebene Erholungszeiten.

Ich kann es nur auf die Hormone schieben, dass die meisten Eltern von Babys und Kleinkindern ihr Kind nicht im Wald aussetzen oder zur Adoption freigeben.

(Und dann bekommt man von Fremden mit verklärten Blicken noch gesagt: „Ach, das ist doch die ALLERSCHÖNSTE Zeit, das werden Sie später vermissen“. Hört sich in meinen Ohren wie eine Drohung an – das wird noch schlimmer?) 

Ich glaube ernsthaft, dass die allermeisten Menschen einfach vergessen oder verdrängen, wie absolut anstrengend und NICHT zauberhaft die erste Zeit mit einem Baby und Kleinkind ist.

Besonders bei einem Wesen wie unserer Tochter, die allen Menschen wie die Queen persönlich nett zuwinkt und lächelt – und Zuhause die Terrorqueen spielt.

Die Behauptung, dass „ein Kind nebenbei läuft“

Ich möchte hier ganz ehrlich sein: Ich liebe mein Kind abgöttisch. Aber es hat mich in den 1,5 Jahren schon mehr als einmal alles hinterfragen lassen, was ich beschlossen habe.

Wenn man Bekannte und Familie fragt, dann hört man oft, „dass ein Kind so nebenbei läuft.“

Mein Bruder hat zwei Kinder, die man nachts als Baby wecken musste (!), damit sie gefüttert werden. (Ich zweifle diese Behauptung stark an, mein Bruder beharrt aber darauf.)

Gestärkt durch solche Aussagen waren wir uns also recht sicher, dass zwei erwachsene, gestandene Menschen ein Baby gut handeln würde. Es würde bestimmt ein ruhiges, genügsames Wesen werden, eben eine Mischung aus uns beiden.

Ein Kind, das nebenbei aufwachsen würde und wir würden trotzdem noch dieselben Menschen bleiben. Nur halt mit einer Person mehr im Haus.

Heute kann ich über unsere Naivität nur hysterisch lachen. Es kommt wirklich immer ganz anders, als man denkt. 

Es gibt keine Gewissheit. Nie mehr.

Keine Erfahrung gleicht der anderen. Und Gespräche im Vorfeld über Kinder und die Elternschaft sind vermutlich immer nur verzweifelte Versuche, so etwas wie Gewissheit oder Vorhersagbarkeit zu gewinnen. 

Obwohl man instinktiv spürt, dass man das vergessen kann. Dass man alles so nehmen muss, wie es kommt.

Elternschaft ist nichts für Kontrollfreaks. Oder Perfektionisten.

Die Wahrheit:

Ich habe seit der Geburt meiner Tochter keine Nacht mehr als 2-3 Stunden am Stück geschlafen. Als sie noch ein Baby war, nie mehr als 90 Minuten, dann schrie die Little Miss nach Futter oder Kuscheln.

Und glaub mir: Schlafentzug ist nicht ohne Grund eine Foltermethode!

Manche Babys sind (angeblich) pflegeleicht, die kann man irgendwo in die Ecke legen und dann verträumt anstarren. 

Unsere Tochter schrie sich fast 1 Jahr lang stundenlang in den Schlaf, strampelte und schlug wild um sich und dachte gar nicht daran, ohne Körperkontakt einzuschlummern. 

Das mit dem Körperkontakt ist bis heute so geblieben.

Oder sich allzu lange mit selber zu beschäftigen. Sie war von Geburt an hellwach, neugierig und gefühlt auf der Überholspur (auch laut diverser Familienmitglieder).

Mein heutiger Alltag

Meine Tage als Mama bestehen also im Großen und Ganzen aus Kinder-Verpflegung, literweise Kaffee in mich hineinschütten, Kinder-Bespaßung oder auch mit Kind auf dem Bauch auf dem Sofa zu liegen und dabei an die Arbeit zu denken, die ich noch zu erledigen habe.

Wäre mein Mann nicht gewesen und hätte Elternzeit genommen, hätte ich gar keine Zeit mehr für meinen Job gehabt. 

Mit einem Kind muss man sich mühselig jede halbe Stunde Zeit erkämpfen, in der man sich in Ruhe konzentrieren kann. Abgesehen davon ist man irgendwann so Dauer-müde, dass man einfach verblödet.

Wattewolken im Kopf statt Klarheit und Fokus.

Warum Ratgeber nicht funktionieren(AKA: Verschon mich mit Schlaftraining!)

Ich habe es mittlerweile aufgegeben, im Internet oder schlauen Büchern nach Ratschlägen zu sehen. 

Denn je älter mein Tochterherz wird, umso klarer wird mir, wie einzigartig wirklich jedes Kind ist. Und daher kein pauschaler Erziehungsratschlag von irgendeinem Nutzen ist.

Ich verzichte also in meinem Blog ausdrücklich darauf, Ratschläge zu geben (und bitte verschont mich von Tipps wie „das Kind einfach mal schreien lassen“ oder mit dem Buch „jedes Kind kann schlafen lernen“.) 

Ich möchte hier nur von meinen Erfahrungen berichten, ohne andere Vorstellungen und Einstellungen zu verurteilen.

Die Eltern-Verschwörung

Es scheint mir, als ob sich viele Eltern dazu verschworen hätten, nur von den schönen Seiten der Elternschaft zu berichten. Als ob man nach der Geburt in einen Kreis aufgenommen wird, in dem erst dann die Wahrheit erzählt wird, wenn das Kind schon da ist.

Natürlich gibt es auch schöne Seiten – aber wo Sonne ist, das ist auch Schatten.

Wo Kinderlachen ist, ist auch die Stinkewindel. VIELE STINKEWINDELN.

Und erst, wenn man mit Augenringen verzweifelt um Rat fragt, dann kommt die Wahrheit ans Licht: Dass eben NICHTS so ist, wie es scheint. Wie schwierig es ist, Kinder großzuziehen. Wie sehr man an sich zweifelt. 

Aber dann ist es ja schon zu spät, das Kind ist auf der Welt und möchte zu einem vernünftigen, mündigen und geliebten Menschen großgezogen werden. 

Kann man ja nicht mehr zurückgeben. Und von der Geburt fange ich hier gar nicht erst an.

Die Erwartungshaltung an Eltern

Es gibt so unendlich viele Vorstellungen davon, wie man als Eltern zu sein hat. Besonders, wie man als „gute Mutter“ zu sein hat. Wie die Schwangerschaft und die Geburt verlaufen oder die ersten Monate mit dem neuen Erdenbürger sein wird. Wie sich ein „normales“ Baby verhält. Was „natürlich ist“ und was nicht. Wie die „richtige“ Erziehung aussieht.

Und glaub mir: Social Media ist das absolut Letzte, was du brauchst, um dich auf dein Kind oder die Elternschaft vorzubereiten!

Vergiss das beige eingerichtete Babyzimmer mit Sternenhimmel und Pampasgras-Deko oder das „absolut notwendige Babybett“ für schlappe 1.500 €.

Oder die sanft-verträumten Fotos von Müttern beim Stillen. In Wahrheit fallen dir die Nippel ab und du fühlst dich wie eine Dauer-säugende Milchkuh.

Drauf geschissen. Vergiss das alles!

Ich werde über all diese Themen noch einzeln schreiben. 

10 Dinge, die ich mit Sicherheit weiß

Was ich nach 1,5 Jahren als Mama mit Gewissheit sagen kann ist: dass es immer komplett anders kommt, als man denkt. 

Ein paar Beispiele:

  1. Man verändert sich auf eine Weise, die man früher nie für möglich gehalten hat (z.B. zu einer Spielgruppe zu gehen und sich nur insgeheim über die Gespräche lustig zu machen). Und das nicht unbedingt immer auf gute Weise.
  2. Dass man wesentlich stärker ist, als man je gedacht hat. Und bei anderen Sachen viel zu schnell die Beherrschung verlieren kann.
  3. Wie sehr dich Babyschreie auf die Palme, zum Verzweifeln und selber zum Weinen oder Schreien bringen kann.
  4. Wie sehr man ein Lebewesen lieben kann, auch wenn es einen 1 Minute vorher in den Wahnsinn getrieben hat.
  5. Das man doch Plastik- statt Holzspielzeug anschaffen wird.
  6. Wie viele Ladungen Wäsche man pro Woche abarbeiten muss.
  7. Wie faszinierend es ist, seinem Kind beim Spielen zuzusehen.
  8. Dass sich die Partnerschaft stark verändert und man seinen Mann dafür liebt, was für ein Vater er ist. Und sich zeitgleich ständig über Erziehungsfragen streitet. 
  9. Wie lange Dinge dauern, über die man früher nie nachgedacht hat (z.B. Essen oder das Haus verlassen). 
  10. Und auch Gefühle, die man sich selten traut, laut auszusprechen, weil es sich nicht gehört (z.B. das alte Leben manchmal zu vermissen). 

Über all das werde ich in Zukunft noch mehr schreiben. Jetzt aber werde ich versuchen, die Little Miss zum Schlafen zu bringen, die gerade in ihrem Pyjama um 21 Uhr auf dem Sofa spielt und Papa anbettelt, sich Hundevideos am Handy anzusehen.

Von draußen weht ein warmer Wind herein.

Unsere Hündin Eila schnarcht in ihrem Körbchen friedlich vor sich hin.

In meinem dicken Bauch tritt unser zweites Kind wild um sich.

Alles wird gut. Alles wird anders.

Ach herrje.

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